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anfangen sollen.« Sie lächelte.
»Gut. Machen wir uns auf den Weg.«
»Zuerst muss ich wegen Ezzard anrufen. Pudere dir die Nase,
dann bin ich so weit.« Sie ging zum öffentlichen Telefon an der
Wand und nahm ihre Kreditkarte aus der Börse in ihrer
Manteltasche.
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Vor der Tür fragte er den Fahrer eines Kombi mit dem
Schriftzug DOWN EAST TV REPAIR, ob er wisse, wie man
nach Ellsworth komme.
»Sie könnten trampen«, meinte der und zwinkerte ihm mit
seinen blauen Augen unter den rötlichen Augenbrauen zu, »oder
Sie warten auf ein Taxi. Da müssen Sie allerdings lange
warten.«
Er sah Polly herauskommen. Ihr Schaffellmantel stand offen
und schlug im Wind auseinander. »Nachdem ich aber selber
Richtung Ellsworth fahre, könnten Sie auch mit mir fahren.« Er
schenkte Polly ein Lächeln.
Später saßen sie zusammengepfercht auf dem Vordersitz und
ließen seine Fragen und sein Geschwafel einsilbig über sich
ergehen. Ab und zu warf er einen versteckten Blick auf Pollys
Schenkel und auf ihr Gesicht. Nach fast einer Stunde fuhr er
rechts ran.
»Ja, Leute, es war sehr interessant, mit euch zu reden, aber
hier ist Endstation: Die schöne Stadt Ellsworth, Holiday Inn.«
Chandler sprang hinaus, holte die Tasche vom Rücksitz und zog
Polly mit sich. »Vielen Dank!«, rief sie über die Schulter.
Chandler murmelte freundlich winkend etwas Obszönes und
eilte über den Parkplatz zum Motel. Der Portier rief ein Taxi,
das sie unter der Markise vor dem Eingang erwarteten. »So
schlimm war er nicht«, bemerkte Polly.
»Er ist bloß jedes Mal fast in den Graben gefahren, wenn er
auf deine Schenkel gestarrt hat, der geile Bock.«
»Du hast ihn angesprochen, Liebling.« Das Taxi fuhr vor
Chandler nannte ihr Ziel: Bar Harbor.
»Bah Hahba? In Bah Hahba ist alles dicht  absolut alles!«
»Fahren Sie einfach hin. Bitte.«
Kopfschüttelnd überwand der Fahrer seinen
Widerspruchsgeist, bog vom Holiday Inn aus rechts ein und
brachte sie ohne ein weiteres Wort nach Bar Harbor.
Kendricks Sportladen thronte über dem Wasser der grauen,
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flachen Bucht. Man konnte nicht erkennen, wo die
Wasseroberfläche aufhörte und der Nebel anfing. Die goldene
Sonne war völlig verschwunden. Vom Geruch des Meeres
umgeben, standen sie allein auf der verlassenen Straße. Ein paar
Boote mit schlanken Masten klammerten sich unruhig an den
verwitterten Steg aus dicken Holzplanken. Am Ende des Stegs
kniete ein Mann in einer langen Plaidjacke und starrte ins
Wasser. Die Mütze hatte er tief ins Gesicht gezogen.
Trotz seiner gesellschaftlich berühmten Vergangenheit kam
ihnen Bar Harbor vor wie eine modrige, von der Witterung
gezeichnete Geisterstadt mit gespenstischem Echo. Chandler
drückte auf die Klinke an der Eingangstür zum Sportgeschäft,
doch die Tür war verschlossen. Ganz hinten im dunklen Laden
glomm ein Licht. Es war nach Mittag. Der Wind vom Meer
leckte an dem feuchten Holz. Angelausrüstungen und
Bootszubehör, mit dem Chandler nichts anfangen konnte,
stapelten sich in dem großen Schaufenster. Ungestört sammelte
sich Staub auf den Dingen, die man wohl einst als Dekoration
bezeichnet hätte, die sich aber im Lauf von Jahren, vielleicht
von Jahrzehnten, in ein trostloses Durcheinander verwandelt
hatten. Ein Tennisschläger aus der Zeit von Bill Tilden lehnte an
einem Außenbordmotor. Eine Sehne war zerrissen und hatte sich
aufgerollt  vor langer Zeit. In der Frühgeschichte des Sports.
Chandler klopfte an den verrotteten hölzernen Türrahmen.
»Natürlich keiner zu Hause«, sagte er. »Bruder Kendrick aalt
sich vermutlich in Florida in der Sonne. Ich wusste, es würde
nichts bringen.«
»Stimmt nicht«, unterbrach Polly sein Jammern. »Du hast
gesagt, Bert Prassers Rat ist dir heilig. Sei mal ehrlich zu dir.«
Zwischen ihren hohlen Händen sah sie in den Laden. »Du bist
nur müde und hast es satt, die Tasche zu schleppen. Komm her,
Mieze & « Sie klopfte an das Glas. »Miez, Miez, Miez!«
Chandler stellte die Tasche ab und lief zur Hausecke. Vor sich
sah er ein Stück Brachland, das von verfilztem dunkelbraunem
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Unkraut bedeckt war. Die Risse im Pflaster des Gehsteigs waren
vom Sand zugeweht. Nichts bewegte sich. Der Mann, der
draußen auf dem Steg gehockt hatte, tauchte zwischen den
verwitterten schwarzen Pfählen am Strand auf. Die Hände hatte
er in den Taschen seiner karierten Jacke vergraben, und unter
der Hakennase hing ihm eine Zigarre im Mund. Chandler
beobachtete, wie er sich ihm plötzlich zuwandte und ihn
anstarrte. Dann kam er über eine ausgetretene Holztreppe, die
vom Strand zum Gehsteig führte, zu ihm hoch.
Der Mann mit dem kantigen Kinn und dem grauen Stoppelbart
war um die sechzig, groß und breitschultrig, sein Gesicht
wettergegerbt und mit einem Netz von roten Adern durchzogen.
Die abgetragene Kapitänsmütze sah aus, als würde sie zu den
Sachen im Schaufenster gehören. Er hatte tief liegende hellgraue
Augen und eine kräftige Stimme, wie sie Chandler schon bei
Leuten aufgefallen war, die gewöhnt sind, ihre Probleme allein
und auf ihre Weise zu lösen. Er hatte den festen Blick eines
Comic-Helden und auch die dazu gehörigen scharfen
Gesichtszüge.
»Hallo!«, sagte er, als er oben anlangte. »Düsterer Morgen,
düsterer Tag. Versetzt mich immer in gute Laune. Suchen Sie
jemanden?«
»Kendrick.«
»So, Kendrick.« Er ging auf den Laden zu. »Den alten
Kendrick. Was wollen Sie von dem alten Dussel?«
»Das würde ich ihm lieber selbst sagen.«
»Verschwiegen  das gefällt mir.« Er lachte leise. Vor dem
Fenster blieb er stehen. »Die Kätzchen gefallen Ihnen, Miss?
Hilflose kleine Kerlchen.« Im Fenster waren vier Katzenbabys
zu sehen, die stolperten und umfielen und gleich wieder
aufstanden und weitertaumelten. »Wollen Sie den beiden hier
guten Tag sagen?« Er zog seine Hände aus den Taschen und
hielt in jeder ein winziges Kätzchen.
»Sind die süß! Richtige Babys!«
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»Ich hatte immer  ne Schwäche für Katzen, überall, wo ich
war. Katze bleibt Katze.«
»Sind das Ihre?«
»Ja. Es dürften über zwanzig sein.« Er sah Chandler an. »Ich
bin Kendrick. Und wer sind Sie?«
»Bert Prosser schickt uns zu Ihnen.« Chandler runzelte die
Stirn, weil er sich fragte, wieso Kendrick so ein Katz- und
Mausspiel um seine Identität veranstaltet hatte. »Mein Name ist
Chandler, und das ist Miss Bishop.«
Kendrick nickte, während Polly den beiden Kätzchen über die
Nase strich. »Ich hab was über Sie in der Zeitung gelesen«,
sagte er vieldeutig. Dann verstaute der die kleinen Katzen
wieder in seinen Taschen und schloss die Ladentür auf. »Setzen
wir uns doch und trinken was, um die Knochen zu wärmen.«
Bevor er sie in Richtung der einzelnen Lampe an obskuren
Stapeln und aufgehäuften Gegenständen vorbei in den
rückwärtigen Ladenteil führte, füllte seine Gestalt einen
Augenblick lang den Türrahmen. Es roch nach Maschinenöl und
Tauen, und es zog. »Nicht viel los zu dieser Jahreszeit«,
bemerkte er, ohne sich umzudrehen. Die Kätzchen hatten ihren
Weg aus dem Schaufenster gefunden. Chandler hörte ihre
weichen Tatzen und hoffte, dass er sie nicht zertreten würde.
Polly nahm ein paar der kleinen schwarzfelligen Tierchen auf
den Arm. Katzenklo! Er konnte riechen, wie es stank, und
stöhnte innerlich.
In dem großen, voll gepfropften Büro hing der kalte Rauch
von ungezählten Zigarren. Kendrick machte noch einen Zug,
bevor er seine Zigarre sorgsam auf dem breiten Rand eines
Aschenbechers aus dickem Glas ablegte, der in einem
Gummireifen verankert war. Solche Aschenbecher hatte
Chandler seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen, als sein
Großvater genau den gleichen auf seinem Schreibtisch stehen
gehabt hatte.
Kendrick hängte seine Jacke an eine breite Garderobe. Er trug
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Hosenträger über dem karierten Flanellhemd und schwere
Cordhosen. Ein Raumstrahler machte die Zimmerluft trocken
und muffig. Die Katzen lagen überall, selbst auf den Papieren
auf dem Rollpult. Er verscheuchte eine Katze von einem
ziemlich windigen Drehstuhl und zog zwei zerschundene
Metallstühle heran.
»Setzt euch, Freunde. Nehmt einen Sorgenbrecher zur Brust.« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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